“Der ist doch selber schuld!“
Mobbing ist ein Machtungleichgewicht. Beim Mobbing stehen Kinder nicht auf Augenhöhe. Das betroffene Kind ist in einer schwächeren Position – vielleicht, weil es ruhiger, sensibler, ängstlicher oder einfach „anders“ ist. Die MobberInnen haben dagegen oft Unterstützung durch eine Gruppe oder nutzen gezielt Schwächen aus.
So kann Mobbing unter Kindern und Jugendlichen aussehen
- bewusstes Auslachen
- Lügen oder falsche Beschuldigungen
- Bedrohen und unter Druck setzen
- Schubsen oder Schlagen
- Dinge kaputt machen, verstecken oder wegnehmen
- beleidigen und kleinreden
- ignorieren (du bist Luft für mich)
- Bodyshaming
Ein Kind kann ein solches Ungleichgewicht nicht allein ausgleichen. Wenn es sich wehrt, kann die Situation schlimmer werden. Wenn es schweigt, bleibt das Mobbing bestehen.

Kinder verstehen die Dynamik nicht und sind überfordert
Kinder spüren, dass etwas unfair ist – aber sie erkennen nicht, dass es Mobbing ist. Oft suchen sie die Schuld bei sich selbst:
„Ich bin komisch.“
„Ich mache alles falsch.“
„Wenn ich mich besser verhalte, hört es auf.“
Diese Gedanken sind fatal, weil sie das Selbstwertgefühl zerstören. Mobbing löst intensiven Stress aus. Kinder fühlen sich gleichzeitig ängstlich, traurig, wütend und hilflos.
Kinder glauben, sie müssten sich verändern, statt zu verstehen, dass das Verhalten anderer nicht in Ordnung ist.
Kinder sind niemals schuld am Mobbing
Kein Kind wird gemobbt, weil es sich falsch verhält, anders aussieht oder „komisch“ ist. Kinder werden gemobbt, weil andere sich dazu entscheiden, jemanden schlecht zu behandeln. Mobbing sagt nichts über den Wert oder die Persönlichkeit des betroffenen Kindes aus – sondern alles über das Verhalten und die Verantwortung derjenigen, die mobben oder zuschauen.
Jedes Kind hat das Recht, so zu sein, wie es ist, ohne Angst oder Scham.
Wie zeigt sich Mobbing?
Oft zeigt sich Mobbing an Verhaltensänderungen – zum Beispiel wenn:
- der Kita- oder Schulbesuch verweigert oder nur ungern wahrgenommen wird.
- häufiger als sonst Beschwerden wie Bauch- und Kopfschmerzen oder Schwindel auftreten.
- die Konzentration und Leistung in der Schule abnehmen, wenn
- es im Alltag vermehrt zu Gereiztheit und Nervosität kommt oder
- ungerne vom Alltag und den Aktivitäten erzählt wird.
- Wenn Kinder oder Jugendliche sich selbst abwerten oder sogar
- blaue Flecken oder andere Verletzungen aufweisen, oder
- regelmässig Gegenstände des Kindes verschwinden oder beschädigt sind.
- Wenn Kinder oder Jugendliche sich zurückziehen und vermehrt Zeit am Handy / in Chats verbringen wollen.
Kinder brauchen in solchen Situationen Co-Regulation: eine ruhige, zugewandte Bezugsperson, die ihnen Sicherheit gibt, Gefühle benennt und hilft, die Situation zu verstehen. Erwachsene haben Lebenserfahrung und kennen Wege, um Hilfe zu holen oder Grenzen zu setzen. Kinder dagegen wissen oft nicht, an wen sie sich wenden dürfen, oder sie haben Angst, dass niemand ihnen glaubt.
Manche haben bereits gehört:
„Ignorier das einfach.“
„Du musst dich nur wehren.“
„Die wollen doch nur Spaß machen.“
Solche Sätze lassen Kinder sich noch schuldiger und einsamer fühlen.

Workshop-Bild: „Ich bin traurig, wenn man mich ausschliesst.“
Erwachsene müssen handeln
Kinder können Mobbing nicht stoppen – Erwachsene müssen eingreifen.
Ein vertrauensvolles Gespräch unter vier Augen kann oft schon der Schlüssel sein, um Mobbing oder ein anderes Problem festzustellen. Dieses Gespräch sollte von viel Geduld und Vertrauen geprägt sein, um so offen wie möglich über alles sprechen zu können. Wichtig ist es daher, für das Gespräch einen guten Zeitpunkt und eine ruhige Atmosphäre ohne Zeitdruck auszusuchen.
4 Schritte wie man vorgehen kann:
- Hinschauen und die Situation ernst nehmen (nicht abwerten).
- Zuhören, ohne zu verurteilen
- Mit Lehrpersonen, Fachkräften (Schulsozialarbeit) oder Betreuern sprechen und gemeinsam Lösungen suchen.
- Sicherheit wiederherstellen und das Selbstwertgefühl wiederherstellen (ggf. externe Hilfe / Elternberatung in Anspruch nehmen)
Fazit
Mobbing ist kein individuelles Problem eines Kindes, sondern ein gesellschaftliches Versagen von Verantwortung und Mitgefühl.
Kinder können Mobbing nicht managen – und sie sind niemals selbst schuld daran. Sie brauchen Erwachsene, die hinschauen, schützen, verstehen und handeln. Nur so lernen Kinder, dass sie nicht allein sind – und dass Respekt, Empathie und Zivilcourage stärker sind als Angst und Machtmissbrauch.