Die Freizeit der Jugendlichen ist durch Handy und Internet geprägt — Was müssen Eltern wissen?
Es gibt kaum noch Jugendliche, die nicht täglich ein Handy und das Internet nutzen. Soziale Netzwerke sind aus ihrem Leben nicht mehr wegzudenken, gamen ist eine beliebte Freizeitbeschäftigung und Likes sind oft wichtiger als der Schutz der Privatsphäre. Die Ergebnisse der JAMES-Studie 2020* zeigen deutlich auf: Der Jugendmedienschutz ist gefordert.
Zu den beliebtesten Handyfunktionen der Jugendlichen gehören das Verwenden von Messenger-Diensten, das Surfen im Internet und das Nutzen sozialer Netzwerke. Alle diese Funktionen spielen sich im Internet ab, so ist es schwer, Handy- und Internetnutzung bei Jugendlichen voneinander zu trennen.
Kommunikation und soziale Zugehörigkeit werden immer wichtiger
Mit dem Älterwerden der Jugendlichen ändert sich auch das Mediennutzungsverhalten: Videogames, Fernsehen und Bücher werden immer uninteressanter. Ältere Jugendliche greifen mal nach einer Tageszeitung und beschäftigen sich häufiger mit Musik und sozialen Netzwerken. Soziale Netzwerke bieten Möglichkeit zur Kommunikation und befriedigen das Bedürfnis nach sozialer Zugehörigkeit, was im Jugendalter zunehmend wichtig wird.
Auch das Geschlecht spielt eine Rolle. So erstellen Mädchen häufiger digitales Bildmaterial (Fotos und Videos) als Jungen. Sie hören regelmässiger Musik und lesen Bücher. Das Erstellen von Bildmaterial ist für viele Mädchen ein wichtiger Aspekt in der Entwicklung der Geschlechteridentität. Neue Frisuren, neue Outfits werden abfotografiert und durch die Peergroup in Form von Kommentaren und Likes bewertet.
Knaben setzen stärker auf Games, in denen sie ihre Wettbewerbsorientierung ausleben können. Zwei Drittel der Jungen spielen regelmässig Videogames, während lediglich eins von zehn Mädchen in dieser Regelmässigkeit tut. Jungen schauen öfters Videos im Internet und lassen sich auf einer Welle von YouTube-Video zu YouTube-Video treiben.

Informationen und Unterhaltung finden Jugendliche auf den gleichen Kanälen
Kuratierte Informationsangebote wie Tageszeitungen, Zeitschriften, aber auch TV und Radio haben bei Jugendlichen über die letzten zehn Jahre zunehmend an Bedeutung verloren. Jugendliche informieren sich in erster Linie über Suchmaschinen, soziale Netzwerke und Videoportale. Sie unterscheiden weniger stark zwischen unterhaltungs- und informationsbezogener Mediennutzung. Neuere Medien wie soziale Netzwerke und Videoportale decken für sie beide Bedürfnisse ab.
Jugendliche suchen möglicherweise weniger gezielt nach Informationen und Nachrichten, sondern stossen bei der Nutzung von Online-Plattformen eher zufällig auf entsprechende Inhalte. Problematisch ist das insbesondere, weil gerade soziale Medien ein Nährboden für Falschmeldungen sind. Werden Nachrichten unkritisch gelesen, haben Fake News ein leichtes Spiel. Damit Kinder und Jugendliche diese erkennen können, müssen sie einen kritischen Blick entwickeln und lernen, Fakten von Meinungen zu unterscheiden. Deshalb ist es wichtig, dass Eltern Kinder und Jugendliche dazu anregen, Aussagen zu hinterfragen.
Instagram, Snapchat und TikTok sind die beliebtesten sozialen Netzwerke
TikTok hat in den letzten Jahren massiv an Beliebtheit gewonnen: 2020 verfügten bereits rund drei Viertel der Jugendlichen in der Schweiz über ein Profil. Bei Instagram und Snapchat sind sogar 90 % aller Jugendlichen angemeldet. Heranwachsende nutzen soziale Netzwerke häufig passiv oder reaktiv. Das Anschauen oder Liken von Beiträgen sowie das Chatten bzw. Schreiben von persönlichen Nachrichten sind die Funktionen, die am häufigsten genutzt werden. Facebook war 2014 noch das beliebteste soziale Netzwerk, 2020 waren aber gerade noch 14 % regelmässig aktiv.
Gamen ist eine beliebte Freizeitbeschäftigung
Obwohl sich die Gamewelt rasant entwickelt und mit Virtual- und Augmented Reality fortlaufend neue Methoden auf den Markt kommen, hat sich das Gameverhalten bei Jugendlichen über die letzten 10 Jahre kaum verändert. Nach wie vor geben etwa sieben von zehn Jugendlichen an zu gamen. Jungs deutlich häufiger als Mädchen. Knapp ein Viertel der Jugendlichen spielt Videogames, die nicht für ihre Altersgruppe freigegeben wurde.
Likes sammeln ist wichtiger als Privatssphäre
Jugendliche kümmern sich immer weniger um die Einstellungen der Privatsphäre auf den sozialen Netzwerken. Dies liegt möglicherweise an der Beschaffenheit der sozialen Netzwerke. Bei den heute beliebten Plattformen wie Instagram und Snapchat steht die Selbstdarstellung und das Sammlen von Likes stärker im Vordergrund als beispielweise bei Facebook. Privatsphäreeinstellungen schränken die Sichtbarkeit und die Reichweite des eigenen Profils ein und somit auch die Möglichkeiten, an Likes zu kommen. Eine grössere Sichtbarkeit macht Jugendliche aber auch vulnerabler für Beleidigungen und Belästigungen.
Cybermobbing und Erfahrungen mit sexueller Belästigung im Internet nehmen zu
Die betroffenen Jugendlichen geben an, im Internet beleidigt und fertiggemacht worden zu sein und bereits bei den 12/13-Jährigen kommt es zu Cybermobbing. Noch häufiger als Cybermobbing sind Jugendliche von sexueller Belästigung im Internet betroffen. Beinahe die Hälfte aller Jugendlichen in der Schweiz haben im Jahr 2020 angegeben, bereits einmal von einer fremden Person mit unerwünschten sexuellen Absichten kontaktiert worden zu sein. Tendenz steigend. Mädchen sind deutlich häufiger betroffen als Jungen. Dies sind erschreckende Zahlen. Daher müssen Jugendliche dringend besser geschützt werden, im Umgang mit sexuellen Belästigungen geschult und der Jugendmedienschutz gestärkt werden. Zudem braucht es eine Vermittlung von Kompetenzen für Kinder und Jugendliche, die ihnen die Online-Selbstverteidigung ermöglichen und für Eltern, um ihre Kinder bestmöglich zu unterstützen und zu begleiten.
*Die Zahlen stammen aus dem Ergebnisbericht zur JAMES-Studie 2020 der ZHAW für Angewandte Psychologie.